Ebene 2.1: Kognitive Basiskompetenzen

Der Bereich der Kognitiven Basiskompetenzen ist sehr umfangreich. Im weiteren Sinn umfasst der Begriff Fähigkeiten zur Informationsaufnahme (Wahrnehmung, Aufmerksamkeit usw.) und Informationsverarbeitung. Letztere beinhaltet Speicherung (Gedächtnis) und Denken als eigentlichen Verarbeitungsprozess. Aus Kombination von Speichern, Abrufen und Denken sowie der Fähigkeit zur Reflexion entsteht grundsätzliche Lernfähigkeit. Alle diese einzelnen Fähigkeiten lassen sich sinnvoll noch viel weiter differenzieren. Es gibt unterschiedliche Gedächtnissysteme- und Funktionen und zahlreiche unterschiedliche Arten des Denkens. Ja es gibt sogar unterschiedliche Qualitäten des Denkens, wenn wir nur an die Begriffe Intelligenz, Klugheit und Weisheit denken. Im Metakompetenzmodell haben alle diese unterschiedlichen geistigen Fähigkeiten ihren Platz. Wir beschreiben allerdings im Modell selbst nur eine Selektion daraus genauer. Dabei ist klar, dass alle beschriebenen Kompetenzen, auf grundlegenden geistigen Fähigkeiten, wie sie hier (nicht abschließend) genannt wurden, basieren. Es ist auch klar, dass einige dieser Konstrukte mit anderen (wie beispielsweise Intelligenz) korrelieren. Modellbildung ist zwangsweise Komplexitätsreduktion. Eine grundlegende kognitive Fähigkeit, ist die Sprache, die einerseits eine Grundlage des Denkens, andererseits auch die Fähigkeit zur abstrakten Kommunikation ermöglicht. Auch diese wird, trotz ihrer Wichtigkeit, im Metakompetenzmodell nicht näher beschreiben, sondern erst die daraus abgeleitete Kommunikationsfähigkeit, ist Bestandteil der sozialen Metakompetenzen.

Image

Es kann natürlich durchaus sinnvoll sein, in spezielle Aspekte des Modelles „hineinzuzoomen“ um die Zusammenhänge, innerhalb der kognitiven Basiskompetenzen, aber auch mit, im Metakompetenzmodell in anderen Ebenen verortete Fähigkeiten zu untersuchen und darzustellen.

Hier beschäftigen wir uns also mit einer speziellen Auswahl an Kompetenzen, die wir für den Bereich der Persönlichkeitsbildung und -Entwicklung besonders relevant halten. Dabei geht es weniger um grundlegende psychische Prozesse wie wahrnehmen oder basales Denken, sondern mehrheitlich um komplexere Denkprozesse.


Umgang mit "Problemen"


Ein zentrales Thema ist dabei der Umgang mit etwas, das wir „Probleme“ nennen. Ein Problem, im allgemeinen Sinne, kann als eine Situation oder Fragestellung verstanden werden, die einer Lösung oder Klärung bedarf. Die basale Struktur eines Problems lässt sich in verschiedene Komponenten zerlegen:

1. Ausgangszustand: Dies ist der aktuelle Zustand oder die aktuelle Situation, in der sich das Problem manifestiert. Es ist der Punkt, an dem man startet und der als Auslöser für das Erkennen  eines Problems dient. Aus systemischer Sicht gibt es allerdings keine problem an sich, sondern sie werden im rahmen eines Beschreibungs- und Bewertungsprozesses "konstruiert".

2. Zielzustand: Hierbei handelt es sich um den gewünschten Zustand oder die Situation, die erreicht werden soll. Es stellt das "Lösungsbild" oder das angestrebte Ergebnis dar.

3. Hindernisse: Dies sind die Barrieren oder Herausforderungen, die verhindern, dass man direkt vom Ausgangszustand zum Zielzustand gelangt. Es könnte sich um physische Hindernisse, fehlende Informationen, begrenzte Ressourcen oder andere Faktoren handeln. Es kann sich aber auch um ledigliche Vorstellung handeln, die Hindernisse darstellen.

4. Strategien oder Aktionen: Das sind die verschiedenen Ansätze oder Methoden, die in Betracht gezogen werden können, um das Problem zu lösen und das Hindernis zu überwinden. Je nach Problem können mehrere Strategien verfügbar sein, und das Identifizieren der effektivsten Strategie kann Teil des Problemlösungsprozesses sein.

5. Informationen und Ressourcen: Das sind die verfügbaren Daten, Kenntnisse, Fähigkeiten und Werkzeuge, die zur Lösung des Problems beitragen können.

6. Kontext: Dies bezieht sich auf die äußeren Bedingungen oder den Rahmen, in dem das Problem auftritt. Der Kontext kann den Schwierigkeitsgrad des Problems beeinflussen und bestimmen, welche Ressourcen verfügbar sind oder welche Strategien angemessen sind.

7. Rückmeldungen: Während des Problemlösungsprozesses ist es oft hilfreich, Rückmeldungen zu erhalten, die anzeigen, ob man sich dem Zielzustand nähert oder sich davon entfernt. Diese Rückmeldungen können aus direkten Ergebnissen, Feedback von anderen oder der Beobachtung der Auswirkungen von durchgeführten Aktionen stammen.

Die Fähigkeit, Probleme effektiv zu identifizieren, zu analysieren und zu lösen, wird oft als kritische Denkfähigkeit oder Problemlösungskompetenz bezeichnet. Es erfordert sowohl analytisches als auch kreatives Denken und ist in vielen Lebens- und Arbeitsbereichen von zentraler Bedeutung.

In der engeren Definition eines Problems kommt zu dieser allgemeinen Beschreibung noch ein spezieller Bewertungsprozess hinzu. Die Ausgangssituation wird emotional negativ konnotiert und der Zielzustand emotional positiv. Ein Problem ist also im üblichen Sprachgebrauch etwas Unangenehmes. Doch auhc vermeintlich neutrale Problemstellungen können aversive Reaktionen hervorrufen. Vermutlich handelt es sich dabei dann über negative Sozialisierung vor allem (aber nicht ausschließlich) im Schulsystem. Während manche ein Rätzel oder ein Sudoku in einer Zeitschrift als interessant und anregend finden vermeiden viele solche Aufgaben. Dabei kommt es oft auf die Art der Aufgabe an. So konnten wir in eigenen versuchen bemerken, dass Rätzel ja nach Art des Rätzels unterschiedliche Reaktionen auslösen. Insbesondere Rätzel mit Zahlen führen oft zu negativen Reaktionen.

Problemlösungswille


Bei der Kompetenz Problemlösungswillen handelt es sich um den kognitiven Gegenpart zu der emotionalen Basiskompetenz „Wissenwollen“ und die grenzen zwischen diesen Fähigkeiten sind fließend. Der Problemlösungswille hängt stark vom Kontext und der Art des Problems ab. Man könnte beispielsweise einen Konflikt als besondere Ausprägung eines sozialen Problems beschreiben. Nun sind Mediatoren Spezialisten für diese Art der Probleme. Aus eigener teils schmerzhafter Erfahrung, kann gesagt werden, dass es einen bedeutenden Unterschied macht ob man in Konflikten von anderen Menschen vermittelt oder selbst Teil des Konfliktes ist.

Wie gehe ich also mit Problemen um. Ignoriere ich sie, schiebe ich sie auf, sind Probleme ein Rätsel dass gelöst werden will oder ist es schlicht eine aus der Vorauschau abgeleitete Notwendigkeit.


Problemlösungsfähigkeit

Neben dem Willen zur Problemlösung, bedarf es natürlich auch den entsprechenden Fähigkeiten. In Anlehnung an das Intelligenzmodell von Raymond Cattell unterscheiden wir hier zwei grundlegende Arten der Problemlösung, nämlich fluide und kristalline Problemlösung. Fluide Problemlösungen sind notwendig, wenn es sich um einen neuen „Problemtyp“ handelt für den es noch keine erfolgreichen Lösungsschemata gibt. Es ist die Art wie Kinder Herausforderungen bewältigen. Oft ist dazu einiges an „Trial-and-Error“ notwendig, aber auch Kreativität ist hie gefragt. Durch erfolgreiche Problembewältigungen bildet sich ein Repertoire an Lösungsmethoden heraus, die sich bewährt haben und solange das Problem ähnlich Strukturen wie die bereits bewältigt wurden ist das höchst effizient. Je mehr Lebenserfahrung vorhanden ist (oft aber nicht immer korrelierend mit dem Alter) umso umfangreicher ist der Werkzeugkoffer der kristallinen Problemlösungsstrategien. Das kann aber zu einem „Verkümmern“ der kreativen Problemlösefähigkeiten führen und damit zur Unfähigkeit neuartige Probleme erfolgreich zu bearbeiten. Ein Beispiel mag hier das Spiel Memory darstellen, bei dem zwei oder mehr Spieler jeweils zwei Bildkarten aus einer größeren Menge aufdecken müssen und sich dabei die Position von Paaren mit gleichen Bildern merken müssen. Dieses Spiel gegen kleine Kinder zu spielen kann höchst erleuchtend sein. Während Erwachsene meist zumindest implizit mit Merktechniken (Memotechniken) arbeiten, die oft solange gut funktionieren, solange die Bildkarten in einer gewissen Ordnung liegen und damit sehr erfolgreich sind (kristalline Problemlösung), sind Kinder oft klar im Vorteil (und bemerken dies auch ziemlich schnell) wenn die Anordnung der Karten gestört wird. Dann haben die Kinder oft die Nase vorne

Wissen

Einer der Einflussfaktoren auf das Metakompetenzmodell sind Erkenntnisse der Weisheitsforschung, insbesondere die von Baumann und Linden (2008) aufgelisteten 10 Weisheitskompetenzen. Die beiden Wissenschaftler listen auch Wissen als einen Faktor für Weisheit auf. Wie viele andere Begriffe die wir in unserem Modell beschreiben ist der des Wissens mehrdeutig und beschreibt ein sehr weites Feld. Selbstverständlich ist auch die kristalline Form der Problemlösungsfähigkeit Wissen, ja sogar die fluide benötigt zumindest implizites Wissen. Zwei aus unserer Sicht sinnvolle Unterscheidungen sind folgende:

  1. Deklaratives und Prozedurales Wissen:
  2. Explizites und Implizites Wissen:

Neben diesen Vier Arten des Wissens, die selbstverständlich Kombinationen zulassen gibt es auch den Bereich des Wissens der sich auf das eigene Wissen, oder den Mangel daran bezieht, das Metawissen. Das Schöne an dieser Metakompetenz ist, dass, wenn die zugrundeliegenden Kompetenzen wie Wissenwollen, Reflexionsfähigkeit und die verwandten Problembezogenen Kompetenzen in ausreichender Ausprägung vorliegen, sich Wissen zwangsweise einstellt. Sie ist also nicht nur Metakompetenz, sondern auch ein Indikator für das Vorhandensein anderer Metakompetenzen. Das Postulat vom „lebenslangem Lernen“, dass in modernen Zeiten auf Grund von hoher Veränderungsgeschwindigkeit von Umweltbedingungen unabdingbar ist, ist schlussendlich Basis für eine optimale Anpassung an diese Prozesse des Wandels und andererseits ein Zeichen für eine Weltoffene Haltung und einer wachstumsorientierten Persönlichkeit