Führung: Ähnlichkeiten & Gegensätze
Letztes Wochenende fand im Rahmen der Business-Coaching-Ausbildung ein Kurs zum Thema Führung statt. In diesem Zusammenhang konnte ich den Fall einer Organisation reflektieren, die ich nun länger begleiten durfte. Insbesondere das Verhalten von drei Führungskräften.
Der Fall:
Führungskraft A ist die Integrationsfigur der Organisation, die klassische Gründungspersönlichkeit. Sie verkörpert die Werte persönlich, agiert zumeist authentisch. Zu den Grundwerten der Organisation gehören Eigenverantwortung und Freiheit. Was dazu führt, dass konsequenterweise wenig Führung abseits der Vision erfolgt. Die Werte die in der Vision zum Ausdruck kommen sind aber abstrakt und wird aus Mangel an Konkretisierung von den Organisationsmitgliedern sehr unterschiedlich ausgelegt. Das in einem Ausmaß dass diese pervertiert oder bis ins Extreme übersteigert werden. Trotzdem berufen sich die unterschiedlichsten Organisationsmitglieder auf die gemeinsamen Grundwerte. Struktur bzw. Strukturaufbau wird bestenfalls delegiert. Regeln gibt es wenige und die Mitglieder tun was sie wollen. In der Identifikation mit der Führungsfigur gibt es aber noch eine Gemeinsamkeit, es gibt also „Fans“
Führungskraft B leitet die größte Teilorganisation. Sie ist eigentlich formal mit dem Strukturaufbau beauftragt, allerdings von der Persönlichkeit ängstlich und konfliktavers. Das führt zur Unterdrückung von Konflikten und zur Nichtbesetzung von Stellen oder von Besetzung mit schwachen, ungeeigneten Kandidaten. Auch hier fehlt es an Regeln. Das Klima ist unsicher und instabil.
Führungskraft C ist auch Leiter einer lokalen Teilorganisation. Wie B ist auch hier Konfliktaversion und Angst treibende Motivation. Während die Repräsentationsaufgabe die Teil der Stellenbeschreibung durchaus kompetent ausgeübt wird, wird die im Bereich Führung aus einem Missverständnis von „Leadership“, auf einen autoritären Führungsstil zurückgegriffen. Die Organisationsmitglieder fühlen sich ausgeschlossen und „überfahren“.
Das, aus meiner Sicht, Spannende ist nun, dass aus den komplett unterschiedlichen Haltungen von Führungskraft A und B trotzdem eine ähnliche Konsequenz folgt. Mangelnde Struktur und Regeln, die von den Mitgliedern mit eigenen Auslegungen und Verhalten ausgefüllt wird. Reibungsverluste und Chaos sind die Folge. Dazu im Gegensatz stehen die Führungspersonen B und C, die eine ähnliche Haltung haben. Feedback wird als persönliche Kritik abgewehrt, die „Wertschätzungskeule“ wird gegen Kritiker geschwungen auch wenn diese sachliches Feedback äußern, da jegliche kritische Rückmeldung als persönlicher Angriff gewertet wird. Während B einen lassez-fair-Stil betreibt um Konflikte zu vermeiden, präfertiert C autoritären Stil. Um C scharen sich einerseits Personen die hoch mit Führungskraft A identifiziert sind, die „Fans“ und jene die sich aus der Nähe zur Macht persönliche Vorteile erwarten. Die Fluktuation im erweiterten Umfeld ist hoch.
Die objektiven Ergebnisse sind zunehmend besorgniserregend, werden intern aber schöngeredet.
Aus dem Beispiel kann man ableiten, dass die Reduktion auf einen Führungsstil jedenfalls problematisch ist. Nur situations- und kontextbezogene Führung kann den unterschiedlichen Anforderungen, die an moderne Führungskräfte herangetragen werden, entsprechen. Auch wenn die Auswirkungen von Führungskräften auf das Wachstum von Unternehmen oft überschätzt wird, ist es schlechten Führungskräften ein leichtes, Organisationen zu beschädigen oder sogar zu zerstören. Eine Grundkompetenz ist jedenfalls der Umgang mit Feedback und auch die Nutzung des Potentials von Konflikten. Konfliktaversion und mangelnde Selbstreflexion ist also jedenfalls ein No-Go bzw. im besten Fall ein dringendes Entwicklungspotential. Der erste Indikator ist in vielen Fällen die Arbeitszufriedenheit der Mitglieder, sowie die Fluktuation um auch jene zu erfassen die die Organisation vielleicht schon frustriert verlassen.